Aus den "Kieler Nachrichten" vom 29. April 2021, Seite 22, Kultur:
Alle Frauen dieser Welt
Beeindruckendes Projekt: „Woman“
Von Ernst Corinth
Was für ein Projekt: Für den Dokumentarfilm „Woman“ sind 2000 Frauen aus 50 Ländern befragt worden.Sie sprechen über Mutterschaft, Bildung, Beziehungen, Emanzipation, Sexualität, Gewalt und Unterdrückung. Ihre Aussagen sind manchmal witzig, nachdenklich, dann wieder anrührend und zuweilen nur schwer zu ertragen. Vor allem wenn sie von schmerzhaften Genitalbeschneidungen erzählen, von Vergewaltigungen, von Verschleppung und Versklavung oder von alltäglicher Gewalt in der Ehe. Die Wunden sind vernarbt, aber manchmal sieht man die Verletzung doch – etwa nach einem Säureanschlag oder an einem durch Hiebe erblindeten Auge. Doch bei all dem Leid spürt man die Kraft, die Stärke und das Selbstbewusstsein: Darin sind diese Frauen miteinander verbunden.
Gefilmt wurden die erstaunlich offen redenden Protagonistinnen in einer Halbtotale vor schwarzem Hintergrund. Erläuternde Texteinblendungen gibt es nicht. Die Bilder sprechen für sich. So entsteht gleichsam eine globale Perspektive, bestehend aus vielen Individuen.
Die Gespräche führt die junge ukrainische Journalistin Anastasia Mikova, die den Film zusammen mit dem französischen Fotografen Yann Arthus-Bertrand in Szene gesetzt hat – noch vor dem Erstarken der #MeToo-Bewegung. Beide haben zuvor schon bei dem Film „Human“ zusammengearbeitet, der vor sechs Jahren im Kino zu sehen war. Da ein Start auf der Leinwand derzeit nicht möglich ist, läuft „Woman“ jetzt online.
„Woman“, über den Vimeo-Kanal des Verleihs Mindjazz Pictures verfügbar, Regie und Buch: Anastasia Mikova und Yann Arthus-Bertrand, 105 Minuten